Zum heutigen Interview begrüßen wir Mara Stadick, Autorin von „Was wir nicht sehen“
Warum wollten Sie Autorin werden?
Als junges Mädchen war ich sehr schüchtern und habe mich gerne in meinen Büchern vergraben. Und da ich nicht so viele Kontakte hatte, begann ich irgendwann das, was mir im Kopf herum ging, aufzuschreiben. Das war auch viel leichter, als es auszusprechen.
Und so geht es mir heute noch: Es fällt mir leichter schriftlich zu formulieren als mündlich.
Wie war Ihr beruflicher Werdegang?
Der Weg zur Autorin war beim mir ein langer Weg, dafür aber reich an vielfältigen Erfahrungen. Ich habe in meinem Leben schon viel gearbeitet: Als Lokalreporterin und Autorin für Kindergeschichten beim Radio, als Zeitungsausträgerin, als Erntehelferin, als Marktverkäuferin, als Kellnerin und Barkeeperin, als Babysitterin, als Kassiererin, als Lageristin, als Kinderbetreuerin im Ferienlager und als Nachhilfelehrerin.
Vor allem aber war ich viele Jahre als Kundenberaterin für große Werbeagenturen in Frankfurt am Main und Berlin tätig und habe dann Germanistik, Psychologie und Editionswissenschaften an der FU Berlin studiert und mit Magister abgeschlossen. Nach diesem Abschluss, mit der Geburt meiner zweiten Tochter vor sechs Jahren, nahm ich mir endlich die Zeit, um ernsthaft mit dem Schreiben zu beginnen.
Was sind Ihre Themen?
Weit gefasst interessiert mich vor allem das Zusammenleben von Menschen und der Schutz der Natur. Eigentlich ist mein Schreiben ein ständiger Versuch die Frage zu beantworten: Wie können es die Menschen schaffen friedlich und glücklich miteinander und mit der Natur zu leben?
Schlagworte für mein Schreiben sind unter anderem: Beziehungen, Kommunikation, Gemeinschaft, Achtsamkeit, Nachhaltigkeit, Toleranz, Verantwortungsbewusstsein.
Diese Themen versuche ich immer in Texte zu packen, die spannend und vielfältig sind. Ich versuche Figuren zu erfinden, die meine LeserInnen interessieren und Geschichten, die sie hineinziehen und nicht mehr loslassen.
Woher nehmen Sie Ihre Ideen?
Ideen finde ich überall. Ich beobachte viel, vor allem das Verhalten von anderen Menschen. Ich beobachte Szenen und überlege mir dann, was wohl die Hintergründe, die Beweggründe sind, dass die Menschen so handeln. Oder ich treffe interessante Menschen, die ich zu Figuren in meinen Geschichten mache.
Dabei ist das meiste in meinen Texten Fiktion. Meine Beobachtungen bilden nur den Anlass, um Geschichten und Lebensläufe zu erfinden.
Wie gehen Sie beim Schreiben vor?
Ich gehe am Anfang sehr systematisch vor. Bevor ich wirklich mit dem Schreiben beginne, mache ich mir lange Gedanken darüber was ich schreiben will. Ich recherchiere, überlege mir ein Handlungsgerüst und freunde mich mit den Figuren an, indem ich darüber nachdenke, wer sie sind und warum sie für die Geschichte wichtig sind.
Wenn die Geschichte in ihren Grundzügen in meinem Kopf bereits existiert, schreibe ich sie auf. Dabei kann es dann durchaus passieren, dass sie sich doch etwas anders entwickelt, als ich gedacht habe. Und ich merke dann auch, wenn etwas nicht funktioniert. Wenn ich zum Beispiel die Erzählperspektive ändern muss. Sobald ich die Geschichte aufschreibe, bekommt sie ein Eigenleben und der Akt des Schreibens wird zum Dialog mit den Figuren und der Handlung.
Wenn die Geschichte dann mal aufgeschrieben und bereits einige Male überarbeitet und neu geschrieben ist, beginnt für mich der Dialog mit den LeserInnen. Ich lese meinen Text vor kleinem Publikum vor und lasse ihn diskutieren. Dadurch bekomme ich einen anderen Blickwinkel und kann den Text nochmal weiterentwickeln.
Was lesen Sie persönlich?
Während ich schreibe, versuche ich gar nichts von jemand anderem zu lesen. Gerade wenn es ein/e Autor/in ist den/die ich bewundere, ist die Gefahr groß, dass ich unbewusst anfange zu kopieren. Da ich in den letzten Jahren permanent am Schreiben war, hatte ich daher leider kaum Gelegenheit zu lesen. In meinem Zimmer liegt mittlerweile ein großer Stapel ungelesener Bücher. Irgendwann werde ich mir mal eine Auszeit nehmen und sie alle verschlingen.
Sie haben drei kleine Kinder. Woher nehmen Sie die Zeit zum Schreiben?
Je turbulenter mein Leben wurde, desto mehr entwickelten sich meine Fähigkeiten schnell umzuschalten. Ich benötige mittlerweile nur noch die Zeit, die es braucht, mein Laptop aufzuklappen, um mich aus dem Familienalltag heraus in meine Geschichten hinein zu versetzen. Meine Zeit ist sehr kostbar geworden. Daher nutze ich jede freie halbe Stunde zu jeder Tages- und Nachtzeit zum Schreiben.
Was sind Ihre sonstigen Hobbies?
Für mich gibt es keine Hobbies. Der Begriff Hobby impliziert für mich, dass es dabei um Tätigkeiten geht, die reiner Zeitvertreib sind. Für mich hat alles, was ich tue einen Sinn; vor allem den Sinn gesund, glücklich und nachhaltig zu leben.
Ich beschäftige mich zum Beispiel viel mit Ernährung. Seitdem ich acht Jahre alt bin, lebe ich als Vegetarierin und esse vollwertig. Seit einiger Zeit bemühe ich mich meine Küche auf vegan umzustellen. Der Genussfaktor spielt dabei für mich eine große Rolle. Seitdem wir einen großen Garten haben, beschäftige ich mich auch mit Selbstversorgung im Sinne der Permakultur.
Ich bewege mich gerne und viel, am liebsten draußen in der Natur.
Angetrieben durch mein Psychologiestudium beschäftige ich mich viel mit (gewaltfreier) Kommunikation, mit dem Zusammenleben der Generationen, mit der Entwicklungspsychologie (v.a. bei Kindern).
Worum geht es in Ihrem ersten Buch?
Die Geschichten „Date im Dunkeln“, „Blick zum Balkon“ und „Szene am See“ erzählen davon, wie sich bisher fremde Menschen unter ungewöhnlichen Bedingungen kennenlernen. Dabei sind die Körper dieser Frauen und Männer ihren Köpfen und Herzen meist um einiges voraus. Beschrieben wird in den Erzählungen die Suche nacheinander und das Verstecken voreinander, die Sehnsucht und das Erschrecken, der Wunsch sich zu zeigen und die Flucht vor dem Erkennen.
Sobald Menschen Kontakte knüpfen, treten sie in Beziehung zueinander. Und auch wenn es mittlerweile vielfältige Möglichkeiten gibt sich zu begegnen, ist das Gestalten von Beziehungen immer noch schwierig. Die Fragen, die in jeder Beziehung irgendwann auftauchen (auch wenn wir uns diese selten so direkt stellen), sind existentiell und bleiben immer dieselben: Welche Form von Beziehung wollen wir leben? Welche Regeln definieren wir? Wollen wir festgelegten Rollenmustern entsprechen oder uns selbst ganz eigenständig neu definieren? Wie sehr können und wollen wir uns auf den anderen einlassen?
Auch die Figuren aus den drei Erzählungen müssen sich diesen Fragen stellen und ihre eigenen Antworten darauf finden.
Vermarkten Sie Ihr Buch selbst?
Mehr oder weniger ja. Da ich bei einem kleinen Verlag veröffentlicht habe, muss ich die Vermarktung zum großen Teil selbst in die Hand nehmen. Neben den üblichen Vertriebswegen versuche ich dabei auch eigene Wege zu gehen. Spannend finde ich es vor allem, mich mit anderen Künstlern zu vernetzen und gemeinsame Projekte zu schaffen. Jede Lesung, die ich organisiere, ist daher etwas Besonderes und eine eigene Inszenierung für sich.
Ich habe eine Website eingerichtet (www.marastadick.de), auf der ich über meine Buchprojekte, Lesungen und sonstigen Aktionen informiere. Es wird in naher Zukunft einen Blog von mir geben. Und ich bin mit Facebook (www.facebook.de/MaraStadick.Autorin), Twitter, Xing und YouTube vernetzt.
Was ist ihr nächstes Projekt?
Ich habe mehrere Projekte. Es gibt so viele Möglichkeiten die Themen, die mich interessieren, aufzugreifen und in Geschichten umzusetzen.
Ich schreibe seit einem Jahr an einem Roman, für den ich lange recherchiert habe und der sehr spannend zu werden verspricht.
Ich werde gemeinsam mit meiner ältesten Tochter und anderen Kindern an einem Kinderbuchprojekt arbeiten.
Ich möchte, gerne auch in Interaktion mit meinen LeserInnen, weitere Erzählungen schreiben, die ungewöhnliche Begegnungen zwischen Frauen und Männern schildern.
Und ich konzipiere gerade einen Blog („Aza’s Welt“), in dem ich verschiedene wichtige Fragen zu oben genannten Themen essayistisch erörtere.