Geschichte eines „Helden wie wir“
Wer letztens nichts Interessantes oder schon alles gelesen hat, soll nach dem Buch von Thomas Brussig greifen. Solch eine eigenartige Geschichte hat wohl kaum jemand früher gelesen. Ein Mann, mit einem schwerauszusprechenden Namen Klaus Uhltzscht, erzählt sein ganzes Leben, um uns am Ende zu verraten, wie er zum Einsturz der Berliner Mauer geführt hat. Seine Kindheit ist stark von seinem Vater, dem Außenseiter einer Außerstelle beim Außenhandel geprägt. Er erzählt auch über seine Mutter, die Hygienegöttin, die ihm ständig daran erinnert, dass die Welt voller Gefahren ist, wobei Einbrecher, Tätowierte und Schokoladenvergifter nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Sich selbst bezeichnet er als einen scheißklugen Klugscheißer und ist von einem Gedanken besessen: Titelseiten! Klaus stellt sich als Titelbild, Nobelpreisträger und Straßenname vor. Noch wichtiger ist nur eine Sache: sein Penis. Alles dreht sich um ihn, was wir genau aus seinem Lebenslauf entnehmen können.
Uhltzschteske Geschichte
Diejenigen, die sich für die gegenwärtige Geschichte Deutschlands interessieren und die hoffen, neue Informationen in dem Buch darüber zu finden, werden enttäuscht. Vielleicht würden sie sogar sagen, dass es auf den Index kommen sollte, weil sie die allgemein bekannte Geschichte verfälscht und die Leser auf Abwege führt. Die einzige Geschichte, die hier beschrieben wird, handelt von einem Versager, Flachschwimmer, Inhaber von fünf Bibliothekausweisen, Totensonntagsfick, von einem Mann mit Toilettenbrillenkomplex … Die Bezeichnungen, mit denen Klaus Uhltzscht sich selbst charakterisiert, kann man unendlich anführen. Von der Geschichte können wir nur wenig erfahren, sie steht nicht im Zentrum des Geschehens. Die damaligen Verhältnisse, die in der DDR herrschen, sehen wir mit Augen eines kleinen Jungen, der alles auf die Rote und Blaue Welt zurückführt. Letztendlich dreht sich doch alles um den Puller.
Das Buch liest sich gut, obwohl alles sich hier wiederholt. Das ermöglicht aber dem Leser eine genaue Vorstellung von dem Haupthelden. Wir wollen ihn bemitleiden aber er bringt uns zum Lachen. Das ist aber ein bitteres Lachen, weil jeder von uns hier einen Teil von seinem eigenen Leben findet. Als Klaus klein war, hat er immer als der Letzte alles erfahren, z.B. wie groß der Pennis ist oder woher die Kinder kommen. Seltsamerweise ist er auch als Erwachsener wieder schlechtinformiert. Er weiß nicht, ob er bei echter Stasi arbeitet. Er kann sich in der Welt voller OV und IM nicht zurechtfinden. Der Held ist ein Mensch, der keinen Unterschied zwischen Mikrofischen und Ejakulation versteht, dessen Leben sich aber vorwiegend auf seinen Penis beschränkt.
Klaus Uhltzscht hat eine seiner Abenteuer als kafkaesk bezeichnet. Nach der Lektüre des Buches möchte man noch einen Schritt weiter gehen und das ganze Buch als quasi kafkaesk beurteilen. Oder eher als uhltzschtesk.
Lektüre für Helden
Das Buch kann verschiedene Reaktionen erwecken. Manche werden empört, andere erstaunt aber humorvolle Menschen werden mit diesem Buch bestimmt zufrieden. Es ist voll von lustigen Beschreibungen, wie z.B. die Erzählung über Kinder, die ein Weitpissen machen, um jeden Streit zu beenden. Man kann sich aber sehr nützliches Wissen aneignen. Für Frauen ist das Buch ein Beweis dafür, dass Männer auch viele Probleme haben. Den Jungen bietet es Sicherheit, dass sie ganz normal sind und die Schwierigkeiten, mit denen sie jeden Tag kämpfen, ganz üblich sind. In Männern weckt es eine Erinnerung, die nach vielen Jahren, schön zu bewahren ist. Das Buch kann auch ein guter Hinweis für alle Eltern sein, wie sie seine Kinder auf keinen Fall erziehen sollen.
Nach der Geschichte des „Helden wie wir” sollen vor allem diejenigen greifen, die bisher nur Goethe oder Mann gelesen haben, um den Wortschatz in anderen Sphären erweitern zu können. Auch diejenigen, die erfahren wollen, was die Begriffe: Puller, Zombismus und Negation der Negation bedeuten oder wie man auf einmal Pädophilie, Zoophilie und Nekrophilie begehen kann, sollen unbedingt die Geschichte lesen. Wem aber selbst diese Rezension zu kühn oder sogar unanständig vorkommt, sollte die Finger von dem Buch lassen.